Ausstellungseröffnung: 14.07.07 um 17.00 Uhr
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 12:00 – 17:00 Uhr.
Wer durch die Galerien der Gegenwart streift, findet dort keine Welt. Die Gegenstände dieser Welt sind selten präsent. Es war wohl das Gefühl, überflüssig zu sein, das die Malerei seit langem verfolgte und sie dazu drängte, den Gegenständen keine besondere Aufmerksamkeit mehr zu schenken. Bereits als die Fotografie erfunden wurde, fühlte sie sich in ihrer Existenz bedroht. Und sie schuf sich durch eine Polemik gegen die Bindung an die Welt neue Räume. Sie weitete den Bereich des Denkbaren und Fühlbaren aus, überwand, transformierte und zerstörte die Dinge und machte das Bestehende zum Unwahren. Die Dinge an der Oberfläche waren dann nicht mehr der Rede und des Bildes wert. Am Ende aber stand und steht eine große Verarmung. Nichts jedoch berechtigt zu der Behauptung, die gegenwärtige Welt sei nicht mehr abbildbar und darstellbar. Da die Welt immer neu und anders ist als zuvor, bedarf sie auch heute der künstlerischen Interpretation.
Lale Meer entlockt der Realität eine neue Unmittelbarkeit und Intensität. Die Gegenstände, die sie auf ihren Bildern zeigt: den Himmel, den Mond, das Meer, das Land, den Nebel, die Äcker, den Deich, die Häuser, die Tiere und die Menschen, wurden sicherlich schon oft in der Malerei gestaltet. Aber so wie sie sie gestaltet, werden sie nur in dieser unserer Gegenwart – und zwar nur von ihr – gemalt. Hier scheint eine Kunst auf, die der Welt nicht unbeteiligt gegenüber steht, sondern den Mut hat, diese Welt einfach nicht mehr zu übersehen und den eigenen Bildern wieder zu trauen.
Lale Meer ist – wenn man nun genauer hinschaut – eine Malerin, die dem Licht und dem Dunkel auf ihren Wegen zu den Dingen und durch die Dinge hindurch nachspürt. Dabei entsteht ein Leuchten, das aus dem Inneren der Bilder zu kommen scheint. Das Licht in diesen Bildern ist diffus, unheimlich, geheim. Es ist herrisch und zugleich weich, es baut die Dinge nicht ohne Mühe auf und umfließt sie doch mühelos. Es befreit die Gegenstände aus dem Dunkel und lässt sie wieder ins Dunkel gleiten. Es gibt der menschlichen Erkenntnis Selbstvertrauen und Gewissheit und verrätselt doch das Dasein der Dinge. Das Licht erscheint wie eine geheimnisvolle Macht, welche die Dinge aus ihrer Normalität in eine Hyperrealität hinein zu steigern vermag.
Die Künstlerin ist eine Meisterin der „Abendstücke“. Diese haben alle etwas von der Atmosphäre von Matthias Claudius’ wunderbarem Lied „Der Mond ist aufgegangen“, besonders aber ist das Bild „Die silberne See“ die Imagination einer Verzauberung. Das verschwebende Bild einer stillen Mondnacht, das der nachdenkliche Dichter des 18. Jahrhunderts in unserer Vorstellung entstehen lässt, holt sie in unsere Gegenwart hinein. Sie zeigt, dass die Mondnacht auch heute noch – trotz der globalen „Lichtverschmutzung“, die den Nächten ihr geheimnisvolles, auch schützendes Dunkel nimmt – mitten in das Bewusstsein der Zeit zielt, das sich nach Ruhe, nach Klarheit, nach Frieden, nach Weite, nach Freiheit vom Zwang des Unwesentlichen sehnt.
Lale Meer nimmt die ungeheuren Möglichkeiten der Malerei ernst, welche dieser in der Tradition eigen waren. Sie begnügt sich nicht mit ein paar Pinselstrichen und meidet nichts, was nach Virtuosität und Eleganz ebenso wie nach Tiefe und Bedeutung aussehen könnte. Ihre Bilder zeigen Präzision und Begeisterung fürs Detail.