Zu sehen waren Werke »Chagalls« aus einer süddeutschen Privatsammlung, die selten in der Öffentlichkeit gezeigt werden.
Der 1887 in Witebsk geborene Chagall gehört zu den weltweit bekanntesten Malern und Grafikern der klassischen Moderne, obwohl bzw. weil er sich keinem ihrer Ismen zuordnen lässt. Seine Bilder, deren Motive (Dorfepisoden, Liebespaare, Tiere u.a.) immer wieder auf seine russisch-jüdische Herkunft verweisen, sind weder symbolisch überfrachtet noch philosophisch verbissen, sondern von einer Leichtigkeit, Farbfreudigkeit und einem gestalterischen Witz, der seinesgleichen sucht; selbst dort, wo sie traurigen Anlässen verpflichtet sind. Am besten erschließen sie sich demjenigen, der vorurteilslos und unbefangen an sie herangeht. Chagall malte so, wie man träumt, phantasiert oder sich erinnert, und er will nicht erklärt oder »verstanden«, sondern eher gefühlt und »weitergesponnen« werden. Neben vielen inzwischen zur Legende gewordenen Einzelblättern (z. B. »Mutter und Kind vor Notre Dame« von 1952 oder »Die Verliebten mit roter Sonne« von 1960 präsentierte die Ausstellung Bildfolgen bzw. Zyklen; Chagall hat sich immer auch als Erzähler mit malerischen Mitteln verstanden. Darunter befanden sich die von dem Pariser Verleger und Kunsthändler Vollard angeregten Illustrationen zu Gogols »Toten Seelen« (1923 – 1927) und zur Bibel (1956 – 1960), mit der sich Chagall als gläubiger Jude lebenslang auseinandersetzte.
Eine besondere Sehenswürdigkeit waren die Farblithografien zu den Entwürfen der »Glasfenster von Jerusalem«, die 1962 im Zusammenhang mit einem Auftrag für die Synagoge der Hadassah-Universitätsklinik in Jerusalem entstanden sind. Ebenso selten zu sehen sind die Original-Plakatentwürfe »Die vier Jahreszeiten«, die Chagall anlässlich seiner Ausstellung in Chicago 1974, und »Moses und die Gesetzestafeln«, die er 1962 für eine Ausstellung in Genf anfertigte.
Neben Zeitgenossen wie Gabo, Mondrian und Dali, die ebenfalls um 1940 in die USA emmigrierten, gilt Chagall als einer der bedeutendsten Künstler seiner Zeit.
»Wenn Chagall malt, weiß man nicht, ob er dabei schläft oder wach ist. Irgendwo in seinem Kopf muss er einen Engel haben«. Pablo Picasso